Montag, 10. Oktober 2022

Zwei Corona-Frauen (XXXXVIII)

10. Oktober 2022

Eine Seuche ohne Plünderungen

"Irgendwo müssen sie doch sein", nimmt Frau Meier im Schlafzimmer auch noch ihre Unterwäsche aus der Schublade ihres Kleiderschrankes.

"Was suchst du denn?", fragt Frau Schulze.

Frau Meier dreht sich kurz um. Sehr kurz. Wühlt weiter.

"Die Kontoauszüge für die Mietüberweisungen aus den Jahren 2020 und so weiter."

Frau Schulze liegt zu bequem auf dem Bett von Frau Meier, um sich ebenfalls an der Suche zu beteiligen. 

"Was für Mietüberweisungen?"

"Für die Lagerhalle, die wir im Viertel damals gemietet haben. Für Toilettenpapier."

Nun erhebt sich Frau Schulze doch. Aber nur leicht.

"Ich habe damals im Fernsehen den Film ´Contagion´ von Steven Soderbergh gesehen. Es ging um einen Virus, der mich doch sehr an Corona erinnerte. Die Leute gerieten in Panik, plünderten Geschäfte, ein blogger wurde reich mit dem Verkauf eines Wundermittels, das allerdings völlig wirkungslos war."

Nun dreht sich Frau Meier länger um.

"Dieser Regisseur hat sich eben geirrt. In solchen Zeiten kaufen die Deutschen Toilettenpapier und freuen sich, wenn sie noch etwas bekommen. Wenn nicht, kommen sie am nächsten Tag wieder."

"Warum eigentlich?"

"Weil es dann auch Deutsche gibt, die behaupten, dass es das Virus gar nicht gibt. Das beruhigt. Und nicht ein blogger, die Pharmaindustrie wird reich."

"Mit wirkungslosen Mitteln?"

"Dazu sage ich jetzt nichts. Ich hab sie."

Frau Schulze legt sich wieder bequem aufs Bett.

"Da ist der Beweis. Wir haben die Lagerhalle damals für 30 Jahre gemietet und bezahlt. Steh auf. Wir schauen mal nach, wie viel Toilettenpapier in der Halle ist. Die anderen aus dem Viertel sind inzwischen ja fast alle tot."

Zwei Corona-Frauen (XLIX)