Sonntag, 30. Januar 2022

2 Corona-Frauen (XXIV)

"Die Zeit", 30. Januar 2022

Impfstation in Flammen

Das linke Bein von Frau Schulze ist bandagiert. Frau Meier geht ihrer Freundin entgegen, damit sie nicht so weit laufen muss.

"Wie ist das denn passiert?", stützt sie ihre Freundin, während das autonome Fahrzeug "Super-Kissen" der öffentlichen Verkehrsbetriebe über ihren Köpfen schwebt. Wie fast immer ohne schwebende Fahrgäste, aber immer noch mit dem Spruch "Impfen hilft".

"Ich bin gestern beim Einkaufen gestürzt. Fast hätte ich die letzte Rolle Toilettenpapier noch erwischt."

"Ist es schon wieder soweit? Wird Toilettenpapier wieder knapp? Hast du mir nicht einmal erzählt, dass du schon einmal gestürzt bist, weil etwas knapp war?"

Für einen Moment vergisst Frau Schulze ihr verletztes Bein.

"Ja. Aber da ging es um die Zeit. Die war 2022 ja knapp geworden, als die Union mit ihrem Vorschlag, die Impfpflicht für 24 Stunden einzuführen, weil Omikron nicht so gefährlich sei wie Covid-19 und Delta, vorübergehend erfolgreich war."

"Stimmt. Da glühten in der Impfstation, die es auch in unserem Haus gab, die Impfnadeln, bis das Erdgeschoss in Flammen stand. Ich fühlte mich an Schillers ´Glocke´erinnert. Alles rennet, rettet, flüchtet. Taghell ist die Nacht gelichtet."

Frau Schulze nickt. 

"Unsere brannte schon, als ich kam. Auf der Flucht vor den Flammen bin ich hingefallen."

Die zwei Corona-Frauen (XXV)




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